Enduro Einstieg mit der Talaria Sting 2023

Das Elektromotorrad für Offroad-Einsteiger?

Nachdem die Talaria ja bereits durch die Hände unserer Testcrew wanderte und dort durchaus Anklang fand, wollte auch ich wissen, was sie kann. Als Ostösterreicher und Enduro Einsteiger gabs da natürlich keinen besseren Ort als das Endurogelände in Nagycenk. Auch wenn ich anfangs so meine Zweifel hatte, ob die Talaria dort gut aufgehoben ist.

Zweifel hin oder her - die Probe aufs Exempel musste her. Zu Dritt sattelten wir meinen VW Bus mit zwei Enduros und der, zum Glück, sehr kompakten Talaria Sting. Trotz bereits gut gefülltem Laderaum fand die Sting ohne Probleme Platz, dank kompakter Maße und geringem Gewicht. Da wir privilegierter Weise auch noch eine zweite straßenzugelassene Sting zur Verfügung gestellt bekommen hatten, durfte ich auch deren Zweitakku einpacken und habe diesen kurzerhand zur Reichweitensteigerung mitgenommen - sicher ist sicher. Die Akkus sind übrigens komplett baugleich und äußerst leicht zu entnehmen. Hierzu muss einfach nur der Stecker gezogen werden und mit einem kräftigen Ruck ist der Akku draußen. Kleine Anmerkung am Rande - der Akku macht mit 12,85kg stattliche 19% des gesamten Fahrzeuggewichtes aus.

Soweit so gut - vollgepackt kuschelten wir uns zu Dritt in den eher kompakten Fahrerraum meines VWs und fuhren frühmorgens Richtung Ungarn. Leider mit eher gemischten Vorzeichen - starke Regenfälle der Vortage hatten große Teils des Enduroparks in ein Schlammloch verwandelt, nicht unbedingt optimal für die Sting. Aber egal, probieren geht ja bekanntlich über studieren. Glücklicherweise hatten wir an diesem Samstag strahlend sonniges Wetter, blauen Himmel und angenehme Temperaturen.

Wieviel Offroad kann die Offroad Talaria

In Nagycenk angekommen, waren wir nach kurzem Aufbau endlich soweit und es ging los. Wer das Gelände kennt weiß das es dabei wahlweise durch eine überschaubar hohe Röhre(mit der Talaria übrigens ein großer Vorteil) oder durch einen kleinen Wald zum eigentlichen Gelände geht. Wir entschieden uns für den Wald inklusive Durchfahrt der zweiten, deutlich größeren Betonröhre. Hier konnte die kleine Talaria schon mal zeigen, was sie kann, denn der komplett verschlammte Weg und tiefe Lacken machten die Durchfahrt nicht gerade einfach. Mit etwas Schwung und Abstand zu den großen Enduros(leider befindet man sich sitzend in Auswurfhöhe der Hinterreifen von voraus Fahrenden….), war die Durchfahrt allerdings problemlos möglich. Angekommen im eigentlichen Enduro Gelände ging es dann erstmal zum Üben in die Schottergrube. Diese bietet auch eine tolle Möglichkeit die Eigenschaften und Tücken des eigenen Fahrzeuges kennenzulernen.

Unterwegs im Enduro Park

Für mich also Einsteiger in diesem Bereich, war die Talaria hier perfekt. Die lineare Leistungsentfaltung eines Elektromotors sorgt hier für keine Überraschungen und lässt sich einwandfrei dosieren. Speziell beim Anfahren überrascht der in zwei Modis, Eco und Sport, einstellbare Motor durchaus - hier schiebt der mit 34Nm durchaus drehmomentstarke Elektromotor ordentlich nach vorne. Wobei ich speziell nach einigen Stunden Fahrzeit und sobald sich eine gewisses Selbstvertrauen einstellt, doch das ein oder andere kW Mehrleistung vermisst habe. Speziell bei längeren, steilen Anstiegen wurde die Leistung dann doch etwas knapp - allerdings waren wir hier bereits im etwas anspruchsvollen Enduro Gelände unterwegs. Gerade aber wenn die Leistung mal knapp wird, kommt ein weiterer großer Vorteil der kleinen Elektro Enduro zum Tragen kommt - das geringe Gewicht.

Dank diesem und der geringen Sitzhöhe lässt sich die Talaria ohne viel Kraftanstrengung bewegen - das Üben in diversen Passagen fällt somit noch leichter. Sollte mal ein Hoppala passieren und die Leistung oder das Können für den ein oder anderen Steilhang nicht ausreichen, lässt sich das Dank fehlender Kilos ebenfalls perfekt kompensieren. Umdrehen im Steilhang ist beispielsweise deutlich einfacher möglich als mit großen Enduros. Wobei hier auch das größte bauartbedingte Manko zu Tage tritt. Denn die Talaria lässt kein gleichzeitiges Bremsen und Gasgriff öffnen zu - im Offroad zum Teil ein echtes Problem. Hierbei dürfte es sich um Sensoren an den Bremsgriffen handeln(beide Bremsgriffe sind, da keine Kupplung nötig ist, am Lenker), welche beim Drücken von einem der Bremsgriffe die Motorleistung komplett kappt. Selbstverständlich handelt es sich hierbei um ein Sicherheitsfeature, welches gerade für unerfahrene Fahrer durchaus hilfreich sein kann. Gerade im Offroad hätte ich mir aber bereits nach wenigen Stunden gewünscht, wenigstens die Vorderradbremse ohne ein Kappen der Leistungszufuhr bedienen zu können. Nach kurzer Recherche finden sich dazu bereits diverse Videos zur Lösung des Problems, ich habe mich aber, auch weil es sich um ein Leihgerät handelt, gegen irgendwelche Modifikationen entschieden. Auch weil zum Probieren und Lernen der Status Quo komplett ausreicht.

Akkulaufzeit / Tauschbarer Akku

Dafür springe ich nochmal an den Abend vor unserem Fahrtag. Wie schon erwähnt, durfte ich einen Zweitakku aus unserer straßenzugelassenen Talaria Sting mitnehmen. Dabei war das einfache Entfernen des Akkus besonders angenehm - denn so konnte ich einerseits das Bike in der Garage stehen lassen und die Akkus einfach mit in den Wohnraum nehmen. Geladen wurden sie dann einfach abwechselnd mit dem mitgelieferten Schnellladegerät direkt an der Haushaltssteckdose. Praktisch ist hier, dass der Ladeanschluss direkt am Akku verbaut ist, wodurch es egal ist, ob der Akku im Motorrad sitzt oder herausgenommen wird. Hier denke ich vor allem daran, wenn in der kälteren Jahreszeit die Talaria mal längere Zeit nicht bewegt wird - der Akku kann einfach entnommen und in der Wohnung/im Haus zwischengelagert werden.

Zur Ladezeit selbst kann ich leider nur wenig konkretes sagen - gerade weil die Akkus auch nicht wirklich entladen waren. Grundsätzlich lädt die Talaria aber in 3,5 - 4 Stunden komplett voll. Auch die Reichweite ist schwierig einzuschätzen und hängt immer stark vom Fahrstil ab - ja ich weiß , alles Phrasen, die man nicht gerne liest. Konkrete Reichweiten oder Fahrzeiten zu nennen, ist aber äußerst schwierig. Bei unserem Ausflug nach Ungarn war es jedenfalls so, dass ich die Talaria Vormittags durchgehend problemlos bewegen konnte, ohne sie komplett zu entladen. Selbstverständlich bedeutet das aber nicht, dass sie ständig in Bewegung war. Von etwa 3-4 Stunden, welche wir ohne Pause im Gelände verbrachten, waren wir etwa 1,5 Stunden in Bewegung. Alles andere summierte sich aus Wartezeiten und der ein oder anderen kurzen Pause auf. Zur Mittagspause standen dann etwa 20-25% Restakkus auf der Uhr. Für mich vollkommen in Ordnung und bei abwechselnd steilem Terrain mit manch zügigerer Passage, genau das, was ich erwartet hatte. Würde vor Ort ein Stromanschluss zur Verfügung stehen, könnte beispielsweise in den Pausen der Akku kurz nachgeladen werden und einer etwas verkürzten Nachmittags Session steht nichts im Weg. Apropo nachladen - nachdem auch unsere Energiereserven langsam zur Neige gingen, traten wir nach einem abwechslungsreichen und doch recht forderndem Vormittag unseren Rückweg ins Fahrerlager an.

Dort angekommen wurden erst Mal alle Motorräder grob inspiziert und von Schlamm befreit. Nach einer kleinen Grillerei in der ungarischen Sonne war es nun Zeit für die Nachmittags-Session. Ich als verwöhnter 1000PSler konnte dafür einfach den komplett vollgeladenen Zweitakku einlegen und musste somit keine Kompromisse eingehen. Mir ist allerdings bewusst, dass nur die wenigsten einen Zweitakku anschaffen werden, da dieser doch empfindlich teuer ist. So gings also mit vollen Akkus, bei Mensch und Maschine, wieder Richtung Enduro Park. Nachdem der Nachmittag keine wirklich neuen Erkenntnisse brachte, überspringe ich diesen einfach großzügig und komme zum Fazit.

Fazit

Für den Einstieg in die Enduro Welt ist die Talaria Sting für alle Altersgruppen eine tolle Möglichkeit. Es lassen sich die ersten Offroad Erfahrungen sammeln und durch geringes Gewicht sowie gut dosierbare Leistung führen Fahrfehler nicht gleich zu schmerzhaften Stürzen. In diesem Zusammenhang war für mich auch der Elektro Antrieb ein großer Vorteil - denn Schalten/Kuppeln fällt natürlich komplett weg und man kann den kompletten Fokus auf die Fahrtechnik legen. Dadurch stellt sich schnell eine steile Lernkurve ein, aber aufpassen - gleichermaßen aber auch ein gewisser Suchtfaktor. Denn Spaß macht die kleine Elektro Enduro ohne Frage. Ein weiterer großer Pluspunkt sind die kompakten Maße - im verwendeten VW T5 hatte die kleine Talaria auch neben zwei Enduros inklusive kompletter Ausrüstung sowie Tischen, Sesseln, etc.. problemlos Platz. Auch verladen lässt sie sich mit etwas Geschick problemlos ohne Rampe. Der einzige Wehmutstropfen ist und bleibt die etwas geringe Reichweite, außer natürlich es stehen Lademöglichkeiten oder Ersatzakkus zur Verfügung.

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Bericht vom 18.12.2023 | 22.589 Aufrufe