Ducati SuperSport von K.OT
Sporttourer mit Testastretta
Bei Ducati heißt der Sporttourer jetzt SuperSport. Wie sportlich ist die 110 PS starke Diva wirklich?
Ein Sporttourer ist kein ungewöhnlicher Motorradtyp, auch wenn er sich in den letzten Jahren etwas seltener gemacht und in seiner Ausprägung verändert hat. Ungewöhnlich ist er nur, wenn er Supersport heißt, aus Bologna kommt und rot ist.
Superbike oder Supersport?
Ducati ist die Mutter der Novecentosedici, der Desmosedici, der Superleggera. Klingende Namen von ebenso klingenden wie stilprägenden Motorrädern. Superbikes, sonst nichts. Den Superlativen von Performance und Präsenz verschrieben, gebaut für eine Welt, in der Alltag und Pragmatik nicht existieren. Ducatis rote Renner sind mehr als Supersport, sie sind dessen Zuspitzung, dessen emotionaler Eklat.
Verbläst eine 916 locker
Vielleicht erklärt das, warum man einen Sporttourer SuperSport tauft, weil den Ducatisti Sportlichkeit im Blut liegt. Verglichen mit modernen Superbikes der 1000er-Klasse kann die Ducati Supersport natürlich nicht mithalten, aber eine 916er hätte sicher keine Chance mehr gegen die 110 PS und 93 Nm der 218 kg leichten Schönheit. Um die Leistung des 937 Kubik großen 11° Testastretta-L-Twins machte ich mir keine Sorgen, viel mehr um dessen Charakter. Ich hatte befürchtet, dass er zu zahm sein könnte, wurde aber auch von Sound und Seele nicht enttäuscht, die unverwechselbar aus Borgo Panigale stammen.
Produkttipps
Untertourig wird nicht geduldet
In der gewohnt virtuos gestalteten Vollverkleidung der Italienerin schlägt ein temperamentvolles Herz, das nicht zickig oder ungehalten ist, aber dennoch den richtigen Umgang braucht. Allzu untertouriges Herumzuckeln wird eine Ducati wohl niemals duldsam hinnehmen und brutal ausdrehen muss man die Gänge ebenfalls nicht. Das maximale Drehmoment steht schließlich schon bei 6500 U/min. an und bei 2000 Touren tiefer liefert der Motor bereits satten Druck und macht die SuperSport auf der Straße zu einer souveränen, oder auf Wunsch extrem schnellen Begleiterin. Ehrlich gesagt habe ich abseits der Rennstrecke schon lange nicht mehr so viel Action erlebt.
Niedriger Sitz, höherer Lenker
Ich dachte immer, die aggressive Sitzposition auf einem Superbike würde mich neben der Leistung von heute ganz normalen 200 PS zum flotteren Fahren animieren, aber so ist es dann doch nicht. Auf der SuperSport sitzt man etwas niedriger, auf bequemen 810 mm Höhe, der Lenker ist näher beim Fahrer, höher und flacher montiert als auf einem richtigen Supersportler und diese Haltung entspannt den Körper gegenüber einer Rennmaschine deutlich. Man hat einen besseren, ist entspannter und könnte somit meinen, dass sich auch der Geist entspannen, dass man unterbewusst zum Relaxen eingeladen würde. Falsch gemeint.
Erwartungen übertroffen
Scheinbar haben der Testastretta und ich denselben Puls, den wir uns gegenseitig in die Höhe treiben. Es musste einfach voran gehen mit dieser Ducati bei der Testfahrt, vielleicht können ja Interessenten oder Besitzer Ähnliches berichten. Die Performance hat meine Erwartungen übertroffen, dazu noch das vorne voll und hinten in Zugstufe und Vorspannung einstellbare Fahrwerk von Marzocchi bzw. Sachs, bei der S-Version durch Öhlins-Komponenten noch weiter aufgewertet, und die Brembo-Bremsen mit 320er Scheiben vorne und fertig ist ein Funbike, das irgendwo zwischen Extremsport und Sporttourer steht.
Viel Elektronik
Eigentlich bräuchte die Ducati SuperSport nicht mehr als das, was wir bisher besprochen hatten. Sie wirkt phasenweise tatsächlich wie eine Duc von vor 15 Jahren, die nicht mehr hatte als einen charakterstarken Motor, kräftige Bremsen und eine sehr rote Verkleidung. Doch 2017 kommt ein Motorrad dieser Preis- und Leistungsklasse leider nicht mehr ohne umfangreiches Elektronikpaket aus. Sowohl bei der Standard- als auch der S-Version sind folgende Features serienmäßig: Die Riding Modes Sport, Touring, Urban, eine 8-stufige Traktionskontrolle und ein 3-stufiges Bosch ABS. Das ist ganz schön viel Sicherheit. Exklusiv der S-Version vorbehalten bleibt der Up/Down-Quickshifter, das Ducati Multi Media System mit Bluetooth Verbindung muss für beide nachgeordert werden.
Bei stabilen und guten Bedingungen macht es für mich keinen Sinn, die Stufen der Elektronik anzupassen und herumzuprobieren, ob sich in der einen Kurve bei harter Gasannahme etwas an der Traktion ändert. Ich passe die Level erst an, wenn sich die Verhältnisse von Straße durch die Struktur oder das Wetter ändert. Ansonsten wähle ich bei den Riding Modes meist die sportlichste Stufe, weil ich ein direktes Ansprechverhalten bevorzuge. Zur Not fängt mich ja eh die TC ein. Man wird ein bisschen sorglos mit all den elektronischen Fallschirmen in der Tasche.
Emotions first
Ducati versteht es auch in Zeiten enormer EURO-Normen, zuerst und zutiefst die Emotionen anzusprechen, sodass man den Kabel- und Chips-Salat unter sich fast vergisst. Eine verführerische Figur umschlungen von sattem Sound und vulgären Vibrationen, fähig zur packenden Performance. Das ist SuperSport von Ducati.
Fazit: Ducati SuperSport 2017
Mit der Supersport ist Ducati ein sehr attraktives Paket gelungen, das jeden sportlich ambitionierten Fahrer ansprechen wird. Sie bietet die Optik einer Rennmaschine, verfügt aber über eine angenehme Ergonomie, womit Strecken über 200km kein Problem darstellen. Der Testastretta Motor hat viel Temperament und noch mehr Drehmoment. Gepaart mit dem sportlichen Chassis sind kurvenreiche Straßen eine Freude und auch auf der Rennstrecke schlägt sie sich sehr gut. Für häufigen Betrieb auf Rundkursen empfiehlt sich aber das Upgrade zur Supersport S mit Öhlins Fahrwerk.- Testastretta Motor
- viel Drehmoment
- bequeme Ergonomie
- flinkes Handling
- viel Elektronik serienmäßig
- Ducati Optik
- breites Einsatzspektrum
- spürbare Vibrationen im Lenker
- Preis
- Quickshifter mit Blipper fehlt
Bericht vom 30.08.2017 | 37.784 Aufrufe