Bereit fürs Grobe: Ducati DesertX 2022!
Modernste Technik im Abenteuer-Kleid der Dakar-Racer der 1990er
Fahren konnten wir sie (noch) nicht, aber zumindest Hand anlegen: Zonko und Wolf nahmen für die 1000PS Motocon die neue Ducati DesertX unter die Lupe und sahen sich dabei ganz genau an, worauf sich die Reiseenduro-Szene freuen darf.
Ducati und Enduro: Passt das eigentlich zusammen? Wo doch die Multistrada-Modelle zwar allesamt tolle Reisemotorräder sind, fürs Grobe aber dann den meisten doch zu schade bzw. in letzter Konsequenz auch nicht wirklich bereit. Die DesertX ist da aus ganz anderem Stoff, nicht nur was die Abenteuerlust weckende Optik ganz im Stile der Dakar-Racer aus den 1990er-Jahren betrifft: Das zeigen schon die verbauten Komponenten. Als erste Ducati der Neuzeit rollt sie auf endurogerechten 21/18-Zoll-Rädern daher (übrigens mit Schlauchlosreifen, ab Werk sind Pirelli Scorpion Rally STR montiert), die Federelemente von KYB sind vorne und hinten voll einstellbar, die Federwege mit 230 Millimeter vorne und 220 hinten ausreichend für so ziemlich alles, was sich einem auch auf groben, unbefestigten Wegen so entgegenstellt. Zur Einordnung: Das sind exakt dieselben Werte, die etwa eine Honda Africa Twin oder die neue Yamaha Tenere 700 World Raid bieten. Die üppige Bodenfreiheit von 250 Millimeter passt in dieses Bild und begründet auch die doch recht stolze Sitzhöhe von 875 Millimeter. Zwar wird diese durch einen relativ engen Schrittbogen ein wenig entschärft, die 1,75 Meter Körpergröße von Wolf sollte man aber schon mitbringen, will man zumindest mit den Ballen beider Füße zum Boden gelangen. Im Zubehör gibt es aber auch eine niedrigere Sitzbank sowie eine höhere, durchgehende Rally-Sitzbank, auf der dann Offroad noch sportlicheres Fahren möglich ist.
Weitere Reise-Enduros für´s Grobe:
Mit 110 PS die stärkste in der „Reiseenduro-Mittelklasse“
Ein wesentlicher Teil jedes Motorrads ist natürlich der Motor, und da werkt selbstredend nicht der luftgekühlte 900er unterm Tank, mit dem Edi Orioli 1990 und 1994 auf Cagiva (die damals eben auf Motoren von Ducati setzten) die Dakar gewann, sondern der bewährte 937-Kubik Testastretta, den wir etwa aus Multistrada V2 oder Hypermotard kennen bzw. schätzen. Mit 110 PS bei 9.250 U/min ist er, für Ducati wenig überraschend, der aktuell stärkste in der sogenannten Reiseenduro-Mittelklasse, das maximale Drehmoment von 92 Newtonmeter seht schon bei 6.500 U/min zur Verfügung. Wobei reine Leistung in diesem Segment freilich nicht das Um und Auf ist, Dosierbarkeit bzw. ein breit zu nutzendes Drehzahlband entscheidender. Hierfür wurde das Triebwerk, das seine Zuverlässigkeit und Tourenqualitäten längst unter Beweis gestellt hat, laut Ducati mit kürzeren Übersetzungen im ersten und zweiten Gang auch für knifflige Geländepassagen bereit gemacht. Der Service-Intervall von 15.000 Kilometer oder alle zwei (!) Jahre unterstreicht zusätzlich die Qualitäten als Reisemotorrad.
Die stolze Zuladung von 240 Kilo kann ihresgleichen suchen
Stichwort Reisemotorrad: Die stolze Zuladung von 240 Kilo zählt mit zum Allerbesten, was auf modernen Adventurebikes erlaubt ist, das Gewicht von 202 kg trocken bzw. 223 kg fahrfertig ist klassenüblich. Bei einem in der Praxis zu erwartenden Verbrauch von 5,5 bis 6 Liter auf 100 Kilometer sind mit dem 21-Liter-Tank Reichweiten von gut 350 Kilometer realistisch, mit im Zubehör erhältlichen, formschönen Zusatztanks am Heck lässt sich die Kapazität noch einmal um zusätzliche 8 Liter hinaufschrauben. Ist der vordere Tank leergefahren, kann man dann einfach während des Fahrens im Menü auf den hinteren umschalten. Löblich, allerdings nicht ohne Kritik: Denn mit den Zusatztanks lässt sich das Koffersystem mit insgesamt 117 Liter Volumen (41 + 35 die beiden Seitenkoffer, 41 das Topcase) nicht mehr anbringen, so dass man in der Praxis mit dem 29-Liter-Tank auf eine Softgepäck-Lösung zurückgreifen wird müssen…
Produkttipps
Erstmals sechs „Riding Modes“ in einer Ducati
Fast selbstredend auch, dass unter dem nostalgischen Kleid mit den Doppel-Rundscheinwerfern (wie alle Lichtelemente am Motorrad rundum in LED) modernste Elektronik zum Einsatz kommt. Kurven-ABS ist ebenso State of the Art wie Traktionskontrolle, Wheelie Control oder Motorbremsleistungs-Kontrolle. Alles individuell bis ins letzte Detail einstellbar, wozu man sich schon etwas länger mit dem Menü beschäftigen muss, beim eigenen Motorrad wird dies aber alles bald intus sein, ist es doch einigermaßen logisch bzw. intuitiv aufgebaut. Erstmals kommen bei der DesertX in einer Ducati gleich sechs Fahrmodi zum Einsatz, neben den z.B. schon aus der Multi V4 bekannten Sport, Touring, Urban, Wet und Enduro gibt es auch noch einen Rally-Mode. Sie unterscheiden sich in (dreistufigem) ABS, (achtstufiger) Traktionskontrolle, (vierstufiger) Wheelie Control, (dreistufiger) Motorbremsmomentregelung sowie Ansprechverhalten und Leistung, die noch einmal in vier Power-Modes (Full, High, Medium, Low) einstellbar sind. So haben ab Werk nur die Modi Sport und Rally die vollen 110 PS zur Verfügung, Touring- und Regenmodus kommen mit 95 PS aus, im Enduro- bzw. Urban-Modus sind es 75, alles aber wie erwähnt anpassbar. Ebenfalls serienmäßig hat die DesertX Quickshifter und Tempomat an Bord, womit an zur Verfügung stehenden Assistenzsystemen wohl wirklich kein Wunsch mehr offen bleibt.
5-Zoll-TFT-Farbdisplay im Rally-Look
Angezeigt werden sämtliche Informationen auf einem 5-Zoll-TFT-Farbdisplay, das im Hochformat zusätzlich Rally-Look vermittelt und in drei Darstellungsvarianten angezeigt werden kann: Standard-Modus, Rally-Modus (Tripmaster) oder Pfeilnavigation. Letztere ist als Zubehör erhältlich und erfordert das Ducati Multimedia System, mit dem sich in Verbindung mit einem Smartphone auch Anrufe annehmen, Nachrichten lesen oder der Musicplayer bequem am Menü des Lenkers steuern lassen. Mit 15.990 Euro in Deutschland bzw. 18.395 in Österreich ist die Ducati DesertX zwar definitiv kein Sonderangebot, aber eine weitere ernstzunehmende Alternative im Segment der geländetauglichen Mittelklasse-Reiseenduros, die schon durch ihre gelungene Optik Fernweh bzw. Haben-Wollen-Effekt unter Adventureridern weckt.
Die PREISE der neuen Ducati DesertX:
- Deutschland: 15.990,00 Euro
- Österreich: 18.395,00 Euro
- Schweiz: 16.890,00 Franken
Weitere 1000PS MotoCon-Berichte:
Bericht vom 03.03.2022 | 20.962 Aufrufe